John William Mallord Turner ist wohl einer der bekanntesten Maler Englands. Die Werke des 1775 in Londons Covent Garden geborenen Turner schmücken heute die Wände zahlreicher Museen inklusive der National Gallery und der Tate Britain, welche Turners Bildern sogar einen ganzen Museumsflügel widmet.
The Fighting Temeraire; Rain, Steam and Speed; Burning Ship; … romantische Landschaften mit grandiosen Lichterspielen am Himmel. DAS macht einen Turner aus! Licht! Sonne! Intensivste Farben dick mit Pinsel aufgetragen, Schicht für Schicht, Strich für Strich.
The Fighting Temeraire, 1838, National Gallery
Turner und die Malerei
Bereits mit 15 Jahren durfte Turner seine Werke in der prestigeträchtigen Royal Academy ausstellen. Erst beschäftigte er sich hauptsächlich mit Gravuren und Wasserfarben, später erweiterte er sein Repertoire um Ölfarben. Den Blick aufs Meer, Sonnenuntergänge und die durch die Industrielle Revolution veränderte Landschaft skizzierte er meist an Ort und Stelle mit dem Stift und führte sein Werk dann im Studio zu Ende. Einzelne Details deutete er dabei oft nur mit wenigen Pinselstrichen an – sehr zum Missfallen der ‘alten Herren’ an der Royal Academy, welche ihn oft für seinen ‘uneleganten’ Stil rügten. Letztendlich aber ebnete Turner wohl den Weg für die aufstrebenden Impressionisten. Turner vermachte mehrere tausend Gemälde und Sketche der Nation – zu sehen in der National Gallery sowie der eigens Turner Werken gewidmeten Clore Gallery in der Tate Britain.
Rain, Steam and Speed, 1844, National Gallery
Turner in Twickenham
Turners Liebe zu Landschaft, Themse und dem Fischen zog ihn nach Twickenham, einem Vorort von London. Heute eine engmaschige Gemeinde und gefühlter Stadtteil von London war Twickenham im frühen 19. Jahrhunder wenig mehr als weite Landschaft.
1807 und bereits als Maler erfolgreich erwarb Turner hier zwei Grundstücke. 6 Jahre später errichtete er sein Landhaus Sandycombe Lodge nach seinem eigenen Design und inspiriert durch seinen Freund Sir John Soane (Architekt der Bank of England). Turner liebte Architektur und machte kein Geheimnis daraus, dass er sich bei seiner Berufswahl eventuell hätte anders entscheiden sollen!
Sandycombe Lodge, 40 Sandycoombe Road, Twickenham TW1 2LR
Eines der ca. 900 Londoner Blue Plaques, die einen Blick in die Vergangenheit zulassen
Sandycombe Lodge ist heute von zahlreichen Einfamilienhäuschen umgeben. Vor 200 Jahren jedoch sah man kein Haus weit und breit, wenn man aus dem Fenster schaute.
Ein Blick aus dem ‚Fenster‘: Turner hätte ins Weite geschaut
Turner bewohnte das Haus gemeinsam mit seinem Vater, der sich um Heim und Garten kümmerte. Nur wenige Gehminuten führten ihn an die Themse, wo er gelegentlich fischte und etwas Abstand von Londons Trubel genoss.
1826 kaufte ein Nachbar Sandycombe Lodge. Es wurde vermietet und wechselte mehrmals den Besitzer. Seit 2010 gehört es dem Sandycombe Lodge Trust, einer Stiftung, die sich um die Instandhaltung kümmert und das Haus für Besucher geöffnet hat.
Der Herr des Hauses über dem Kamin
Die Sanierung
Mit Hilfe der großzügigen Unterstützung diverser Sponsoren konnte 2016 eine Grundsanierung des Hauses vorgenommen werden. Manche Besitzer der letzten 200 Jahre hatten das Haus teilweise stark verändert. Dank der Spenden und mit Hilfe von Turner‘s original Sketchen konnte es originalgetreu wieder in Schuss gebracht werden: Der 200 Jahre alte Fußboden wurde mühsam und vorsichtig per Hand abgekratzt (und nicht abgeschliffen), die alten Dachschindeln mit Schieferplatten ersetzt, ja ganze Räume im ersten Stock abgetragen! Winzige Fragmente der Türrahmen kamen unter das Mikroskop, welches die unterschiedlichsten Farbanstriche der letzten 200 Jahre sichtbar machte. Ein Tapetenspezialist aus dem benachbarten Richmond schaffte es, mit Hilfe eines winzigen Teils einer alten Tapete das komplette Muster zu rekonstruieren.
Nach knapp zwei Jahren war es soweit: Turner’s Haus öffnete seine Pforten und wir treten ein in die wunderbare Welt des JMW Turner, Meister des Lichts und der Farbe und Wegbereiter der Moderne.
Das restaurierte Skylight im Haus – angeblich von Sir John Soane inspiriert
Neben dem Skylight mein persönliches Highlight: der Teppich
Öffnungszeiten 2020: Mai – Dezember; Mittwoch bis Sonntag, 12-16 Uhr, £8 pro Person
